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Der moderne Mensch
kauft sich ein Gerät, schließt es an und nutzt es. Jemand, der sich
einen Kurbelgenerator kauft und mit ihm aus dieser modernen Welt
aussteigen will, könnte darüber verzweifeln. Denn er muss, noch
mehr als beim Kauf jedes anderen Gerätes, versuchen, es zu
verstehen. Geräte sind einfach nicht nur Faustkeile die man
zuschlägt und nch Gebrauch irgendwo liegen lässt; in ihnen liegen
all die Träume und Irrtümer ihrer Erfinder verbaut, die
augenblicklich hervorkommen, wenn man sich nur in den Sessel setzt,
und in die Pedalen tritt. Das ähnelt auch den sehr archaischen
Bemühungen, einen Esel zu dem zu bringen, wofür man ihn angeschafft
hat. Der Moderne Mensch, allerdings, wird ihn nicht anschaffen, um
damit Holz für den Ofen zu transportieren, sondern er kauft ihn zum
Streicheln für seine kleine Tochter. Dafür habe ich den Cougar
nicht gekauft.
Was also lässt sich
überhaup noch damit anstellen? Die Zeit zur Rückgabe ist
verstrichen und die Hoffnungen, die ich mit ihm verband, sind
zerstoben. Allerdings habe ich den großen Fehler gemacht, dass ich
die Erwartungen überspannte. Schon die Leistung, die ich persönlich
aufwenden kann, ist außerordentlich gering. Ich mag so sehr sehr
kurbeln, dass sich die Beine verheddern – selbst bei großer
Geschicklichkeit komme ich nicht über 100 Umdrehungen hinaus! – es
bleibt bei maximal 15 Watt. Der Mensch schafft aber mehr, und auch
dann, wenn er untrainiert ist.
Auf diversen Seiten
(
http://www.kreuzotter.de/deutsch/speed.htm)
kann man sich einen Überblick über die möglichen Leistungen
verschaffen, oder das, was man grade noch selber bringt. Gebe ich
dort für mein Gewicht und das meines Rades die Daten ein, kann ich
bei der Eingabe von jenen 15 Watt, die der Cougar an die Batterie
schickt, erkennen, wie geschwinde ich damit auf dem Radweg wäre: 7,5
Stundenkilometer. Die gefühlte vergleichbare Geschwindig liegt aber
bei vielleicht 20 Stundenkilometer, was der Rechner mit einer
Leistung von 100 Watt schätzt. Nehmen wir mal nur die Hälfte des
Gefühls, dann bedeutet das, dass der Wirkungsgrad des Generators
kaum über 30% liegen kann. Weil meine optimale
Langstreckengeschwindigkeit bis zum Spätherbst bis auf 25 km/h
geklettert ist, weiß ich, dass meine Dauerleistung auf dem
Wohnzimmersessel schon bei 150Watt liegen könnte, wenn das einen
Generator überhaupt interessierte. Bleiben wir bei 30% Wirkungsgrad,
wäre locker eine Leistung von 50 Watt elektrisch speicherbar,
entsprechend größer müsste auch der Akku sein, und eben auch der
Generator.
Bislang bin ich zum
wirklichen Praxistest noch gar nicht gekommen. Ich habe
herausgefunden, dass der Akku Müll ist, jedenfalls nicht besser, als
all die andern Akkus die irgendwann schlapp machen. Ich weiß also,
dass ich den Strom nicht länger als einen Tag, oder noch
vernünftiger eine Stunde, aufbewahren sollte. Dass ich also am
besten den Strom unmittelbar für den Verbrauch produziere. Aber das
würde den Akku vollends ruinieren.
Ich weiß inzwischen
auch, dass ich tatsächlich den Akku gemäß der dringenden
Empfehlung des Herstellers wenigstens einmal im Monat voll laden
sollte. Ich habe inzwischen erfahren, dass es zwecklos ist, über
Wochen hinweg zu versuchen, irgendwann den Akku voll zu laden, um ihn
dann sinnvoll zu entladen. Ich empfinde es aber auch als
Schelmenstreich, das Ding über die Steckdose zu laden, in den
Rucksack zu packen und damit wandern zu gehen um auf dem Campingplatz
das zu tun, weswegen ich die Zivilisation verlassen habe. Der Eremit
braucht weder Laptop noch CD-Player. Wenn er denn tatsächlich einmal
telefonieren möchte, oder sich den gegenwärtigen Standort anzeigen
lassen will, genügt das entsprechende kleine Gerät und eine nicht
viel größere Solarzelle, die den Bruchteil von dem wiegt, das der
Cougar auf die Waage bringt. Wer mit dem Auto unterwegs ist, hat
seine Autobatterie und auf dem Dach flotte zweihundert Watt solar,
und selbst, wer nur das Rad benutzt, kann aus dem Nabendynamo soviel
Energie gewinnen, dass es zum Betrieb der notwendigen Elektronik satt
reicht.
Ich habe als den
entscheidenden Nutzen des Gerätes allerdings sofort seine ideale
Eigenschaft als Heimtrainer erkannt. Ein Ergometer in idealer
Sitzposition, auf dem man es locker eine Stunde aushält, und der
nebenbei Strom produziert. Genial gedacht, etwa wie die Erfindung des
Fahrrades schon. Nur, warum wird das im Firmenprospekt nicht
herausgestellt, ja nicht einmal erwähnt? Warum preisen die Verkäufer
statt dessen etwas, das sich als glatte Übertreibung entpuppt?
Ich weiß es nicht.
Es wird, wie gesagt, mit dem Kauf des Esels zusammen hängen, den der
gute Vater für seine Tochter in den Vorgarten stellt und zu dem die
Nachbarn sagen, dass er sich dort hübsch macht. Bis er ihnen vor
Hunger die Blumen frisst.
Ich fange noch mal
von vorne an. Ich hab das Ding nicht zurück geschickt, denn es hat
sich in mein Herz geschlichen. Es tritt sich so wunderbar, dass ich
einen Freund, der gewaltige Probleme mit seinen Knien hat, dazu
überredete, sich auch so ein Teil zu kaufen, damit er bald wieder
mit mir schön weit wandern kann. Und ich bin von der Option
fasziniert, meinen Strom auch ohne Sonne und Wind selber und mit
Manneskraft produzieren zu können. Ja freilich, und auch, um über
den Winter fit zu bleiben. Denn das habe ich schon bemerkt: Die
Kniegelenke bleiben locker und das Hüftgelenk bewegt sich auch
weiterhin, obwohl schon seit Wochen und auch wegen der verkürzten
Tageszeit kein Wanderwetter mehr ist.
Beim Treten fasse
ich eine vernünftige Entscheidung: Ich weiß, wie das Ding tickt,
ich kenne seine Schwächen, das muss ich nicht mehr testen. Es geht
um die Praxis. Was geht also?
Ich hatte schon
bemerkt, dass ich locker den Weihnachtsbaum leuchten lassen kann,
wenn ich nur gelegentlich für eine halbe Stunde in die Pedalen
trete, so zwei drei mal am Tag, bei leerem Akku. Das ist mir zu
ungenau. Und außerdem ist der Akku schneller leergelaufen, als die
Lämpchen Strom ziehen könnten. Aber das Aquarium: es wird im Winter
etwa täglich für 16 Stunden durch eine Schreibtischlampe
beleuchtet, eine LED mit 5,2 Watt Leistung. Das sind am Tag 55
Wattstunden. Das ist exakt soviel, wie der Akku aufgeladen werden
kann und was mir auch die Werbung an transportabler Energie
verspricht. Ein „2W Nachtlicht“ sollte demnach für „30
Stunden“ leuchten.
Ich will das durch
meine kräftige Mithilfe strecken. Zwei Fragen lassen sich stellen:
Wieviel muss ich trampeln, damit ich nie mehr an die Steckdose muss?
Und wann beginnt die Lampe zu flackern, wenn ich nur gelegentlich
etwas dazu trete?
Der Test beginnt
zwei Wochen vor Weihnachten, eines Morgens um neun Uhr.
Ergebnis:
Verbraucher: LED
5,2W; 230V
Kurbelzeit: drei mal
20 Minuten zwischendurch
Leuchtdauer
insgesamt: 4:54h
Danach flackerte die
Lampe .…
Am Tag danach habe ich nur die Weihnachtsbaumbeleuchtung genommen: sie verbraucht nur 1,75 Watt und kommt mit einer Spannung 5 Volt aus. Ich will den Rhytmus zwischen Treten und Pause herausfuinden. Das Gleichgewicht stellt sich etwa mit 20 Minuten Treten und 40 Minuten Pause ein. Das habe ich über den ganzen Tag versucht durchzuhalten. Während des Tretens brennt die Lichterkette natürlich weiter. Insgesamt Leuchtet das Licht über 13 Stunden. Dafür musste ich drei und eine Dreiviertelstunde in die Pedalen treten. Mir gehts immer noch gut ...