Dienstag, 16. Dezember 2014

Besinnliches beim Pedalieren

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Der moderne Mensch kauft sich ein Gerät, schließt es an und nutzt es. Jemand, der sich einen Kurbelgenerator kauft und mit ihm aus dieser modernen Welt aussteigen will, könnte darüber verzweifeln. Denn er muss, noch mehr als beim Kauf jedes anderen Gerätes, versuchen, es zu verstehen. Geräte sind einfach nicht nur Faustkeile die man zuschlägt und nch Gebrauch irgendwo liegen lässt; in ihnen liegen all die Träume und Irrtümer ihrer Erfinder verbaut, die augenblicklich hervorkommen, wenn man sich nur in den Sessel setzt, und in die Pedalen tritt. Das ähnelt auch den sehr archaischen Bemühungen, einen Esel zu dem zu bringen, wofür man ihn angeschafft hat. Der Moderne Mensch, allerdings, wird ihn nicht anschaffen, um damit Holz für den Ofen zu transportieren, sondern er kauft ihn zum Streicheln für seine kleine Tochter. Dafür habe ich den Cougar nicht gekauft.

Was also lässt sich überhaup noch damit anstellen? Die Zeit zur Rückgabe ist verstrichen und die Hoffnungen, die ich mit ihm verband, sind zerstoben. Allerdings habe ich den großen Fehler gemacht, dass ich die Erwartungen überspannte. Schon die Leistung, die ich persönlich aufwenden kann, ist außerordentlich gering. Ich mag so sehr sehr kurbeln, dass sich die Beine verheddern – selbst bei großer Geschicklichkeit komme ich nicht über 100 Umdrehungen hinaus! – es bleibt bei maximal 15 Watt. Der Mensch schafft aber mehr, und auch dann, wenn er untrainiert ist.

Auf diversen Seiten (http://www.kreuzotter.de/deutsch/speed.htm) kann man sich einen Überblick über die möglichen Leistungen verschaffen, oder das, was man grade noch selber bringt. Gebe ich dort für mein Gewicht und das meines Rades die Daten ein, kann ich bei der Eingabe von jenen 15 Watt, die der Cougar an die Batterie schickt, erkennen, wie geschwinde ich damit auf dem Radweg wäre: 7,5 Stundenkilometer. Die gefühlte vergleichbare Geschwindig liegt aber bei vielleicht 20 Stundenkilometer, was der Rechner mit einer Leistung von 100 Watt schätzt. Nehmen wir mal nur die Hälfte des Gefühls, dann bedeutet das, dass der Wirkungsgrad des Generators kaum über 30% liegen kann. Weil meine optimale Langstreckengeschwindigkeit bis zum Spätherbst bis auf 25 km/h geklettert ist, weiß ich, dass meine Dauerleistung auf dem Wohnzimmersessel schon bei 150Watt liegen könnte, wenn das einen Generator überhaupt interessierte. Bleiben wir bei 30% Wirkungsgrad, wäre locker eine Leistung von 50 Watt elektrisch speicherbar, entsprechend größer müsste auch der Akku sein, und eben auch der Generator.

Bislang bin ich zum wirklichen Praxistest noch gar nicht gekommen. Ich habe herausgefunden, dass der Akku Müll ist, jedenfalls nicht besser, als all die andern Akkus die irgendwann schlapp machen. Ich weiß also, dass ich den Strom nicht länger als einen Tag, oder noch vernünftiger eine Stunde, aufbewahren sollte. Dass ich also am besten den Strom unmittelbar für den Verbrauch produziere. Aber das würde den Akku vollends ruinieren.
Ich weiß inzwischen auch, dass ich tatsächlich den Akku gemäß der dringenden Empfehlung des Herstellers wenigstens einmal im Monat voll laden sollte. Ich habe inzwischen erfahren, dass es zwecklos ist, über Wochen hinweg zu versuchen, irgendwann den Akku voll zu laden, um ihn dann sinnvoll zu entladen. Ich empfinde es aber auch als Schelmenstreich, das Ding über die Steckdose zu laden, in den Rucksack zu packen und damit wandern zu gehen um auf dem Campingplatz das zu tun, weswegen ich die Zivilisation verlassen habe. Der Eremit braucht weder Laptop noch CD-Player. Wenn er denn tatsächlich einmal telefonieren möchte, oder sich den gegenwärtigen Standort anzeigen lassen will, genügt das entsprechende kleine Gerät und eine nicht viel größere Solarzelle, die den Bruchteil von dem wiegt, das der Cougar auf die Waage bringt. Wer mit dem Auto unterwegs ist, hat seine Autobatterie und auf dem Dach flotte zweihundert Watt solar, und selbst, wer nur das Rad benutzt, kann aus dem Nabendynamo soviel Energie gewinnen, dass es zum Betrieb der notwendigen Elektronik satt reicht.
Ich habe als den entscheidenden Nutzen des Gerätes allerdings sofort seine ideale Eigenschaft als Heimtrainer erkannt. Ein Ergometer in idealer Sitzposition, auf dem man es locker eine Stunde aushält, und der nebenbei Strom produziert. Genial gedacht, etwa wie die Erfindung des Fahrrades schon. Nur, warum wird das im Firmenprospekt nicht herausgestellt, ja nicht einmal erwähnt? Warum preisen die Verkäufer statt dessen etwas, das sich als glatte Übertreibung entpuppt?
Ich weiß es nicht. Es wird, wie gesagt, mit dem Kauf des Esels zusammen hängen, den der gute Vater für seine Tochter in den Vorgarten stellt und zu dem die Nachbarn sagen, dass er sich dort hübsch macht. Bis er ihnen vor Hunger die Blumen frisst.

Ich fange noch mal von vorne an. Ich hab das Ding nicht zurück geschickt, denn es hat sich in mein Herz geschlichen. Es tritt sich so wunderbar, dass ich einen Freund, der gewaltige Probleme mit seinen Knien hat, dazu überredete, sich auch so ein Teil zu kaufen, damit er bald wieder mit mir schön weit wandern kann. Und ich bin von der Option fasziniert, meinen Strom auch ohne Sonne und Wind selber und mit Manneskraft produzieren zu können. Ja freilich, und auch, um über den Winter fit zu bleiben. Denn das habe ich schon bemerkt: Die Kniegelenke bleiben locker und das Hüftgelenk bewegt sich auch weiterhin, obwohl schon seit Wochen und auch wegen der verkürzten Tageszeit kein Wanderwetter mehr ist.

Beim Treten fasse ich eine vernünftige Entscheidung: Ich weiß, wie das Ding tickt, ich kenne seine Schwächen, das muss ich nicht mehr testen. Es geht um die Praxis. Was geht also?

Ich hatte schon bemerkt, dass ich locker den Weihnachtsbaum leuchten lassen kann, wenn ich nur gelegentlich für eine halbe Stunde in die Pedalen trete, so zwei drei mal am Tag, bei leerem Akku. Das ist mir zu ungenau. Und außerdem ist der Akku schneller leergelaufen, als die Lämpchen Strom ziehen könnten. Aber das Aquarium: es wird im Winter etwa täglich für 16 Stunden durch eine Schreibtischlampe beleuchtet, eine LED mit 5,2 Watt Leistung. Das sind am Tag 55 Wattstunden. Das ist exakt soviel, wie der Akku aufgeladen werden kann und was mir auch die Werbung an transportabler Energie verspricht. Ein „2W Nachtlicht“ sollte demnach für „30 Stunden“ leuchten.
Ich will das durch meine kräftige Mithilfe strecken. Zwei Fragen lassen sich stellen: Wieviel muss ich trampeln, damit ich nie mehr an die Steckdose muss? Und wann beginnt die Lampe zu flackern, wenn ich nur gelegentlich etwas dazu trete?
Der Test beginnt zwei Wochen vor Weihnachten, eines Morgens um neun Uhr.

Ergebnis:
Verbraucher: LED 5,2W; 230V
Kurbelzeit: drei mal 20 Minuten zwischendurch
Leuchtdauer insgesamt: 4:54h
Danach flackerte die Lampe .…

Am Tag danach habe ich nur die Weihnachtsbaumbeleuchtung genommen: sie verbraucht nur 1,75 Watt und kommt mit einer Spannung 5 Volt aus. Ich will den Rhytmus zwischen Treten und Pause herausfuinden. Das Gleichgewicht stellt sich etwa mit 20 Minuten Treten und 40 Minuten Pause ein. Das habe ich über den ganzen Tag versucht durchzuhalten. Während des Tretens brennt die Lichterkette natürlich weiter. Insgesamt Leuchtet das Licht über 13 Stunden. Dafür musste ich drei und eine Dreiviertelstunde in die Pedalen treten. Mir gehts immer noch gut ...

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